Das ist ein interessantes Thema zu dem es sicher so einiges zu sagen gibt. Ich möchte einen weiteren wesentlichen Vorteil dieser Trickbegrenzung darlegen, der vielleicht zu verstehen hilft weshalb diese Änderung sinnvoll ist. Grundlage hierfür sind Erfahrungen aus dem eigenen Training: Ich bin nun seit 6 Jahren als Trainer einer LL bzw. OL-Mannschaft tätig. Als wir 2009 Jahren eine neue Musik und Choreographie erstellten, haben wir auch diverse Highlights reingepackt: 2x Lankenaus (einmal 7 Drehungen, einmal 3 Drehungen), 6 Kaffeemühlen mit direktem Übergang in ein gewandertes Roundabout (16 Schläge), noch ein stationäres Roundabout (keine Schleuder). Diese haben wir natürlich unendlich lange üben müssen um sie am Ende natürlich trotzdem nicht adäquat auf die Fläche bringen zu können. Im Dezember 2009 hörte ich auch das erste Mal von der Idee eine Schrittbegrenzung und fand sie zuerst einmal völlig banane, weil ich befürchtete, dass man beispielsweise nur Basic-Figuren wie in der D/C vertanzen dürfte. 2012 werden wir die Choreographie nun im dritten Jahr vertanzen und wir haben die meisten Tricks (oder Highlights) auch so belassen und ich würde auch sagen, dass wir uns verbessern konnten. Jedoch habe ich rückblickend als Fazit für mich etwas beschlossen: "In die nächste Choreographie werde ich keine Highlights einbauen." Meine Erfahrungen zeigen, dass die sogenannten Highlights unglaublich trainingsintensiv sind. Wobei es da natürlich auch in sich noch einmal große Unterschiede gibt. Wenn 8 Damen einer Formation eine bestimmte Anzahl Pirouetten stehen können heißt das noch nicht, dass sie diese auch wirklich schön zeigen können und, dass die Mannschaft damit synchron ist. [Zuletzt gesehen auf der Deutschen Meisterschaft. Pirouetten wurden zwar gestanden aber zu 80% nicht schön und zu 99,5% nicht synchron (und mit synchron meine ich über alle Schläge und bei allen Paaren, denn das verlangen wir ja auch bei Armen und Schritten)]. Dasselbe gilt für Wind und Roundabout, wobei Roundabout an sich meistens relativ schnell erlernt werden kann. Trotzdem trainieren die meisten Formationen sich dumm und dämlich bis ein Roundabout synchron ist, weil es dann eben auch noch 235 Schläge lang ist, dabei gewandert wird und 2 - 13 Schleudern eingebaut sind. Ich kann daher der Aussage von User "Lockstep", dass sich "Formationsneulinge [mit den Highlights] nicht überfordert fühlen" überhaupt nicht zustimmen. Den meisten Tänzern mit denen ich arbeiten durfte war es leider nicht die Wiege gelegt ein gutes Roundabout oder eine schöne Pirouette zu drehen. In 2011 habe ich die vergangenen Trainingsjahre noch einmal besonders reflektieren können und mir dann einmal an den Kopf fassen müssen als ich festgestellt habe wie viel Zeit wir für das Training an Highlights ver(sch)wendet haben. Beispielsrechnung: 6 Monate Training, ca. 25 Wochen, 2x Training pro Woche, jeweils 3h, davon im Schnitt 30min Training für (Boden)Pirouetten und Roundabout macht unterm Strich 25 Stunden Training NUR für Highlights. Und vermutlich ist das noch zu wenig! Wenn ich mir vorstelle woran wir in dieser Zeit hätten arbeiten können: schöne Sambarollen mit korrekten Neigungen und Rotationen, Fanschließen, Rumbawalks, ordentliche Jivekicks, SPINS!, CCC-Boxen, Twistturns... die Liste geht unendlich weiter. Gerade in den unteren Ligen dürften vermutlich nicht all zuviele Tänzer mit ausgesprägtem Technikwissen dabei sein, also wär das doch eine echte Augenweide für Zuschauer und Wertungsrichter wenn man mal einen ordentliche Samba-Running oder eine schöne Sambarolle sehen könnte. Diese Figuren stellen meiner Ansicht nach schon Schwierigkeiten genug dar, wenn man sich mal die meisten Sambarollen anschaut die heutzutage auf B und A Turnieren gezeigt werden. Natürlich ist es nicht so schwer einen Promenade-Run oder Sambarolle zu tanzen ABER die genannten Figuren wirklich schön und synchron auf die Fläche zu bringen ist aus meiner Sicht ein echtes Highlight. Aus persönlicher (Tänzer)Sicht kann ich auch nicht die Aussage teilen, dass ich mich (unter anderem) aufgrund der Highlights für das Formationstanzen entschieden habe. Ich tanze sowohl Formation als auch Einzel und kann dem Formationstanzen eine Menge schöne Eigenschaften abgewinnen, selbst ohne Pirouetten, Hebefiguren und Roundabout.
Ich finde die Neuerung hervorragend und denke, dass sie dem Formationssport in Deutschland definitiv dienlich sein wird und die formationstechnische und tänzerische Qualität der Teams steigern kann. Die Mannschaften werden nun (gezwungenermaßen) die Zeit dafür haben sich mit den Feinheiten ihrer Choreographien beschäftigen zu können. Und selbst wenn sie die Zeit "nur" dafür nutzen um weitere Durchgänge zu tanzen, synchroner zu werden oder auch mal mental zu arbeiten ist viel gewonnen.
Ich hätte sicherlich noch einiges mehr hierzu sagen wollen aber der Beitrag ist nun schon viel länger geworden als erwartet.
Besten Dank fürs Lesen und tanzsportliche Grüße aus Viernheim Baschdl
Zuletzt geändert von Baschdl am Di 3. Jan 2012, 01:12, insgesamt 1-mal geändert.
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